Panikattacken


Die 28- jährige, sehr lebhafte und emotional intensive Patientin, alleinerziehende Mutter einer 10 -jährigen Tochter, sozial gut integriert, suchte mich mit Panickattacken auf.
Diese traten spontan und unvorhersagbar auf. Im Laufe der Behandlung zeigte sich eine
Lebensgeschichte, bei der ich staune, daß die Patientin sich zu einer so soliden
Persönlichikeit entwickelt hat. Es fehlt fast nichts: Zerrüttete Familienverhältnisse,
körperliche und seelische Übergriffe, sexueller Mißbrauch, Selbstmord. Nun, nachdem ich ein Jahr mit zum größten Teil asozial gewordenen Suchtkranken gearbeitet habe
erschreckt mich auch das nicht. Wir arbeiteten innerhalb eines halben Jahres die
Biographie der Patientin auf und desensibilisierten sie für die schrecklichsten Erlebnisse.
Die Panikattacken verschwanden. Da schrieb sich die Patientin für ein Studium ein. Nun
war sie nicht mehr doppelt sondern gleich dreifach belastet: Mutter, Angestellte und
Studentin, und außerdem muß die Lebenslust ja auch noch irgendwo ausgelebt werden.
Und in allen Bereichen stellte die Patientin höchste Anforderungen an sich.
Prompt kehrten Ängste zurück, doch waren diese nun nicht mehr frei flottierend sondern gebunden, d.h. sie wurden durch den Anblick spitzer Gegenstände und den Gedanken ihrer Tochter etwas anzutun ausgelöst.
Wir arbeiteten noch ein Jahr an diesen ßngsten und brachten immer wieder
vorübergehende Besserungen zustande. Daß die Anfälle nicht völlig verschwunden blieben hängt deutlich mit der Selbstüberforderung der Patientin zusammen.